Mit dem Besuch des Ortsteils Borsberg am letzten Tag des vergangenen Jahres fand das Projekt Dresden – 50mm seinen vorläufigen fotografischen Abschluss. Seit dem Beginn im Jahr 2015 habe ich 120 Dresdner Stadt- und Ortsteile durchstreift, betrachtet und meine Eindrücke festgehalten. Dieses finale Update stellt die bislang noch fehlenden 15 Ortsteile vor:
Lebensmittel einzukaufen, ist eine der zulässigen Ausnahmen vom Gebot zu Hause zu bleiben, das im Rahmen der Allgemeinverfügung zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 im Frühjahr 2020 in Dresden erlassen wurde.
Nach der in den vergangenen Wochen entstandenen Fotoserie, die die nahezu menschenleeren Plätze der Stadt Dresden dokumentiert, zeigt die folgende Serie eine Reihe von Portraits von Menschen, die während ihrer Besorgungen auf dem Wochenmarkt an der Lingnerallee Schutzmasken tragen und damit einer Auflage der Stadt für Besucher des Marktes nachkommen.
Dresden 2020: Besucherinnen des Marktes an der Lingnerallee
Seit Jahresbeginn verbreitet sich das Coronavirus SARS-CoV-2 weltweit mit zunehmender Geschwindigkeit. Um die Ausbreitung zu verlangsamen wurden Landstriche abgeriegelt, Grenzen geschlossen und soziale Distanzierung praktiziert. Seit dem 21. März gelten auch in Dresden weitreichende Beschränkungen: Nachdem zuvor schon Schulen und Universitäten, Kindergärten, Theater Museen und Kinos geschlossen wurden, sind die Bürger der Stadt nun aufgefordert ihre häusliche Umgebung nur im Ausnahmefall, etwa für Lebensmitteleinkäufe und Arztbesuche oder für den Weg zur Arbeit zu verlassen.
Besonders im Zentrum Dresdens ist nahezu menschenleer, denn natürlich fehlen hier neben den Einwohnern die sonst zahlreichen Touristen und Besucher der kulturellen Einrichtungen. Die verwaisten Plätze üben einen eigentümlichen Reiz aus, zu ungewöhnlich ist der Anblick, zugleich ist trotz frühlingshaften Wetters die Beklemmung mit Händen zu greifen, die das Fehlen der Menschen hervorruft.
Etwa 1000 Kilometer liegen zwischen dem oberschlesischen und dem rheinisch-westfälischen Industriegebiet. Die 500km in östliche Richtung habe ich in den vergangenen Jahren mehrmals zurückgelegt, um das Fotoprojekt Górny Slask zu realisieren. 2019 fuhr ich in Richtung Westen, um eine Industrieregion mit ähnlicher Geschichte erstmals zu besuchen.
Beide Regionen waren und sind geprägt von der Montanindustrie, wobei deren Niedergang und die damit verbundenen Transformationsprozesse im Ruhrgebiet schon Ende der 50er Jahre begannen, während in Oberschlesien der Wandel erst mit dem Fall des Eisernen Vorhangs begann und mit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union Fahrt aufnahm. Die letzte aktive Zeche im Ruhrpott stellte Ende 2018 in Kohleförderung ein. Polen nimmt im Bezug auf Steinkohle die Spitzenposition in Europa ein, die Förderung ist zwar rückläufig, stellt aber noch immer das Rückgrat der polnischen Schwerindustrie dar.
Der Wandel im Ruhrgebiet ist weit vorangeschritten, Halden sind begrünt, stillgelegte Werke und Industriebrachen wurden zu Landschaftsparks. Schon in den frühen 70er Jahren wuchs aber auch ein Bewusstsein für den kulturellen Wert der Zeugnisse der Industriegeschichte. Beispielhaft sich hier Kokerei und Zeche Zollverein, heute anerkanntes UNESCO-Weltkulturerbe, der Landschaftspark Duisburg-Nord und die Zeche Zollern, Deutschlands erstes Industriedenkmal, deren Abriss 1969 verhindert wurde.
Vornehmlich an diesen Orten entstanden die folgenden Fotoserien:
Hinweis: Ein Klick auf ein Foto startet die zugehörige Galerieansicht.
Maschinen, Stahl und RostmonochromRuhrpottfarbenanalog
Hinweis: Ein Klick auf ein Foto startet die zugehörige Galerieansicht.
Auch in den vergangenen Wochen ließ ich mich kreuz und quer durch Dresden treiben, um mein 2015 begonnenes Projekt: Dresden 50mm fortzusetzen. Fotografiert wurde in neun Stadt- und Ortsteilen:
Leuben
Merbitz
Meußlitz
Podemus
Rochwitz
Roitzsch
Rossendorf
Sporbitz
Unkersdorf
Alle bisher entstandenen Fotoserien sind auf der Projektseite veröffentlicht.
… in einer Stadt des real existierenden Sozialismus 30 Jahre nach dessen Untergang
Hütte, wie die Stadt am Westufer der Oder von ihren Bewohnern liebevoll genannt wird, entstand zu Beginn der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts als sozialistische Planstadt und ist heute das größte Flächendenkmal Deutschlands.
Die Errichtung Eisenhüttenstadts geht auf einen Beschluss des 3. Parteitages der SED im Jahre 1950 zurück, der den Bau eines Eisenhüttenwerkes und einer zugehörigen sozialistischen Wohnstadt nahe Fürstenberg an der Oder vorsah. Noch im selben Jahr erfolgte der erste Spatenstich für das Werk und die Stadt.
Errichtet im Stile des sozialistischen Klassizismus war sie zunächst Teil Fürstenbergs, wurde aber 1953 herausgelöst. Die geplante Benennung nach Karl Marx wurde nach dem Tode Stalins zu dessen Gunsten verworfen. Bis 1961 hieß die Stadt offiziell Stalinstadt, im Volksmund auch „Schrottgorod“. Im Zuge der Entstalinisierung wurde sie in Eisenhüttenstadt umbenannt.
Eisenhüttenstadt
Die Bevölkerungszahl nahm bis zum Ende der 80er Jahre beständig zu und erreichte 53.000 Einwohner. Im Stahlwerk waren bis zu 16.000 Mitarbeiter beschäftigt. Dem politischen Ende der DDR folgte der wirtschaftliche Niedergang des Eishüttenkombinats Ost, das der westlichen Konkurrenz nicht gewachsen war. Das drohende Aus des Werkes hätte vermutlich auch das Ende der Stadt bedeutet. Daher war es eine politische Entscheidung die Privatisierung unter anderem mit Mitteln der EU zu subventionieren. Heute gehört das Werk zum Konzern ArcelorMittal und beschäftigt immerhin noch 2500 Mitarbeiter.
Die Schrumpfung der Stadt die als kontinuierlicher Prozess 1990 begann, lies sich so nur etwas dämpfen. Bis 2018 hat Eisenhüttenstadt gut die Hälfte seiner Einwohner verloren.
Der einer Zeitreise gleichende Besuch der Stadt vermittelt eine eigenartige Stimmung: Straßen, Plätze und viele Gebäude wirken überdimensioniert, gemessen an den heutigen Verhältnissen. Bauten aus neuerer Zeit fehlen fast vollständig, da es dafür einfach keinen Bedarf gibt. Seltsam leer und unbelebt erscheint die Stadt – gerade im Zentrum, kein Wunder, wenn die Hälfte der ursprünglichen Bewohner fehlt.
Eisenhüttenstadt
Die Sanierung im städtischen Kernbereich ist weit vorangekommen, einzelne Gebäude mit ungewisser Zukunft werden daher besonders augenfällig. Unvermittelt gerät man auch in Bereiche der Stadt, die von Leerstand und Abriss geprägt sind. Schwer zu sagen, welche Zukunft der Stadt, jenseits derer als Denkmal sozialistischer Stadtplanung und Architektur, bevorsteht.
Kürzlich feierte mein Projekt Dresden 50mm Bergfest. Mit dem aktuellen Update sind nun 62 Stadtteile besucht, 59 Gliederungen Dresdens warten noch darauf, in Augenschein genommen zu werden. Dem Zufallsprinzip folgend, wird sich der Flickenteppich in den folgenden Monaten weiter entfärben, bis dem vollständigen weiß und grau der Karte die Farben der Fotoserien gegenüber stehen.
Dresden: besuchte Stadtteile (weiß/grau)
Die 10 Neuzugänge umfassen die Stadtteile:
Albertpark
Dobritz
Dresdner Heide
Junge Heide / Heidefriedhof
Kleinpestitz
Langebrück
Naußlitz
Räcknitz
Roßthal
Schönborn
>> Ein Klick auf die folgenden Bilder öffnet die jeweilige Fotoserie
Eine Fahrt mit dem Zug von Zittau zurück nach Dresden im Herbst 2018 inspirierte mich zu einem kleinen Fotoprojekt dessen Umsetzung in der Osterzeit 2019 realisiert werden konnte. Mit Rad und Kamera reiste ich entlang der Eisenbahnstrecken zwischen Bischofswerda, Zittau und Görlitz.
20 Jahre nachdem das Unternehmen Deutsche Bahn begann in großem Stil deutschlandweit mehr als 2000 Bahnhofgebäude und Grundstücke zu verkaufen, weil diese als unrentabel betrachtet wurden, treten die Auswirkungen nun deutlich sichtbar zu Tage. Während größere Ortschaften willens und in der Lage waren, ihre Bahnhöfe zu erhalten und zu modernisieren, sind viele andere, entweder in der Hand von Spekulanten oder bedauerlicher Weise gescheiterten privaten Enthusiasten dem Verfall preisgeben.
Was macht der teilweise schwer erträgliche Zustand der Gebäude mit Menschen, die Bahnhöfe wie Putzkau oder Neusalza-Spremberg auf dem Arbeits- oder Schulweg täglich nutzen?
Putzkau, HaltepunktBahnhof Neusalza-Spremberg
Manchenorts wurde Humor bewiesen und das ungenutzte und eingezäunte Gebäude mit bahnspezifischen Karikaturen versehen.
Bahnhof Taubenheim (Spree)
Oft reicht die Kraft auch nur zu einem sarkastischen Kommentar.