… in einer Stadt des real existierenden Sozialismus 30 Jahre nach dessen Untergang
Hütte, wie die Stadt am Westufer der Oder von ihren Bewohnern liebevoll genannt wird, entstand zu Beginn der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts als sozialistische Planstadt und ist heute das größte Flächendenkmal Deutschlands.
Die Errichtung Eisenhüttenstadts geht auf einen Beschluss des 3. Parteitages der SED im Jahre 1950 zurück, der den Bau eines Eisenhüttenwerkes und einer zugehörigen sozialistischen Wohnstadt nahe Fürstenberg an der Oder vorsah. Noch im selben Jahr erfolgte der erste Spatenstich für das Werk und die Stadt.
Errichtet im Stile des sozialistischen Klassizismus war sie zunächst Teil Fürstenbergs, wurde aber 1953 herausgelöst. Die geplante Benennung nach Karl Marx wurde nach dem Tode Stalins zu dessen Gunsten verworfen. Bis 1961 hieß die Stadt offiziell Stalinstadt, im Volksmund auch „Schrottgorod“. Im Zuge der Entstalinisierung wurde sie in Eisenhüttenstadt umbenannt.
Die Bevölkerungszahl nahm bis zum Ende der 80er Jahre beständig zu und erreichte 53.000 Einwohner. Im Stahlwerk waren bis zu 16.000 Mitarbeiter beschäftigt. Dem politischen Ende der DDR folgte der wirtschaftliche Niedergang des Eishüttenkombinats Ost, das der westlichen Konkurrenz nicht gewachsen war. Das drohende Aus des Werkes hätte vermutlich auch das Ende der Stadt bedeutet. Daher war es eine politische Entscheidung die Privatisierung unter anderem mit Mitteln der EU zu subventionieren. Heute gehört das Werk zum Konzern ArcelorMittal und beschäftigt immerhin noch 2500 Mitarbeiter.
Die Schrumpfung der Stadt die als kontinuierlicher Prozess 1990 begann, lies sich so nur etwas dämpfen. Bis 2018 hat Eisenhüttenstadt gut die Hälfte seiner Einwohner verloren.
Der einer Zeitreise gleichende Besuch der Stadt vermittelt eine eigenartige Stimmung: Straßen, Plätze und viele Gebäude wirken überdimensioniert, gemessen an den heutigen Verhältnissen. Bauten aus neuerer Zeit fehlen fast vollständig, da es dafür einfach keinen Bedarf gibt. Seltsam leer und unbelebt erscheint die Stadt – gerade im Zentrum, kein Wunder, wenn die Hälfte der ursprünglichen Bewohner fehlt.
Die Sanierung im städtischen Kernbereich ist weit vorangekommen, einzelne Gebäude mit ungewisser Zukunft werden daher besonders augenfällig. Unvermittelt gerät man auch in Bereiche der Stadt, die von Leerstand und Abriss geprägt sind. Schwer zu sagen, welche Zukunft der Stadt, jenseits derer als Denkmal sozialistischer Stadtplanung und Architektur, bevorsteht.